#1

Deckhengste 2014

in Galoppsport und Vollblutzucht 04.12.2013 16:00
von kassandro • 2.668 Beiträge

Drüben im Galopperforum wird eifrig über die neuen Hengste des Jahres 2014 diskutiert. Da juckt es auch mich, einige Kommentare zu diesem Thema abzugeben.
Dabirsim war war der erste "Neue", zweijährig ein echtes As mit mehreren Gruppe I Siegen und dreijährig ein ebenso echter Rohrkrepierer. Satte 9000€ will das Gestüt Karlshof für diesen Frühreifling. Im Steroid-Zeitalter ist Frühreife aber nicht mehr alleine eine Folge guter Gene. Dabirsim wird als Enkel des Megavererbers Sunday Silence beworben. Dabirsims Vater Hat Trick ist ein eher untypischer Sunday Silence Sohn: Er war ein sehr guter Meiler und gewann unter anderem die Hong Kong Mile, das höchstdotierte Meilenrennen der Welt. Die Japaner betreiben aber eine reine Steherzucht und schon die 2000 Guineas werden über 2000 Meter gelaufen. Als Vererber wurde er deshalb in die USA exportiert, wo er bislang wenig gezeigt hat. Dabirsim ist sein bislang bester Nachkomme. 9000€ sind eine teure Illusion, er könne Sunday Silence Qualitäten nach Deutschland bringen. In Deutschland hatten wir mit Tai Chi ein Jahr vor Dabirsim ebenfalls einen sehr starken Zweijährigen, der als älteres Pferd dann nichts mehr brachte. In seinem ersten Jahr als Deckhengst bekam er erstaunlich viele Stuten. Frühreife ist also in Deutschland sehr gefragt.
Als nächstes kam dann Reliable Man, immerhin franz. Derby-Sieger, genauso wie sein Vater Dalakhani (auch Arc-Sieger) und sein Großvater Darshaan. In der Hengstlinie geht es dann mit dem englischen Derby-Sieger Shirley Heights und dem Superchampion Mill Reef (ebenfalls engl. Derby, King George und Arc-Sieger) weiter. Alles ausgezeichnete Vererber. Auf weichem Boden war Reliable Man sicherlich eines der besten franz. Pferde der letzten Jahre, im Grand Prix du Paris vom sehr guten Meandre geschlagen, im Prix Niel wiederum Sieger über Meandre. Hinzu kommen noch etliche respektable Gruppe I Platzierungen und eine Gruppe I Sieg in Australien. Sein Vater Dalakhani vererbt viel Stehvermögen und hat bislang gut mit deutschen Stuten harmoniert. Mit 6000€ bietet ihn Röttgen zu einem noch akzeptablen Preis an.
Der Knüller der vergangenen Tage war sicher der Monsun-Sohn Maxios, dem ich einen eigenen Beitrag weiter unten widme.
Wochen vor Maxios hat der Prinz von Auersperg geschickt den erbärmlichen Abgang von Novellist dazu benutzt, seinen Pastorius als neuen Deckhengst auf dem Fährhof zu präsentieren. Ob er dort gut unterstützt wird, ist fraglich, denn mit Compagnologist und Maxios hat man dort genügend eigene Hengste zu versorgen. Insbesondere Maxios wird man wegen seines hohen Anschaffungspreises und seiner hohen Decktaxe mit allen Mitteln pushen müssen und die guten Monsun-Töchter sind für Pastorius genauso wenig geeignet wie für Maxios. Pastorius wird beworben als der einzige Hengst, der Novellist je geschlagen hat und das gleich zwei mal. Das stimmt zwar und er hat auch 3 wirklich tolle Gruppe I Siege, aber er hat auch viele schlechte Leistungen gezeigt, Im Gegensatz zu Novellist war er also überhaupt kein Dominator. Gerade diese Eigenschaft schätze ich aber an einer Rennbilanz für einen Deckhengst. 6500€ für den Sprung halte ich deshalb doch für etwas zu teuer, aber sein Vater Soldier Hollow kostet mittlerweile fast das doppelte und seine Mutter war eine gute Monsun-Tochter. Zu beachten gilt auch, daß seine Vollgeschwister viel Werbung für ihn machen könnten.
Last but not Least das Schnäppchen unter den neuen Hengsten, Russian Tango. Nur 700€ kostet er, obwohl er sich ganz klar als Deckhengst qualifiziert hat und auch respektabel aussieht. Seine Rennbilanz ist derweil nicht schlechter als die seines Vaters Tertullian, der sich trotzdem gut als Deckhengst etablieren konnte. Die Mutterlinie ist auch ganz ordentlich. Warum soll Russian Tango nicht dasselbe gelingen wie seinem Vater? Ich hoffe, daß wenigstens sein Züchter Albert Darboven ihm hin und wieder ein paar gute Stuten zuführt. Die hätte er verdient.


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zuletzt bearbeitet 26.12.2013 22:36 | nach oben springen

#2

Der Maxios-Hype

in Galoppsport und Vollblutzucht 26.12.2013 12:43
von kassandro • 2.668 Beiträge

Der lauteste Neuzugang unter den deutschen Deckhengsten war zweifelsohne Maxios. Von Turf-Times wurde ihm sogar eine exklusive Sonderausgabe gewidmet. Auch die Jungs von Galopponline und Sport-Welt wollten sich da nicht lumpen lassen, siehe z.B. hier und hier. Auch in der näheren Zukunft wird für diesen Hengst noch mächtig die Trommel gerührt werden, aber möglicherweise werkelt der Hengst in 6 Jahren in der National Hunt, denn nichts kommt bei den Glückrittern der Vollblutzucht schlechter an als enttäuschte Erwartungen.
Gehen wir aber mal die Maxios-Fakten mal der Reihe nach durch und fangen mal mit der Rennbilanz an. Mit zwei franz. Gruppe I Siegen steht diese eine ganze Klasse unter der von Manduro und Novellist, den beiden besten Monsun-Nachkommen und auch die Rennbilanz von Shirocco muß deutlich höher eingeschätzt werden. Maxios hat die beiden Gruppe I Siege erst im Alter von 5 Jahren erzielt und es wurde bislang keine plausible Erklärung gegeben, warum der Karrierehöhepunkt erst so spät stattfand. Der Karrierestart im Alter von zwei Jahren war insbesondere für einen Monsun-Sohn sehr gut. Zwei Starts, zwei Siege, davon einer auf Gruppe III Ebene. Dreijährig dann das große Loch, für das es keine vernünftige Erklärung gab außer vielleicht, daß Maxios über zu lange Distanzen eingesetzt wurde. Zwei enttäuschenden Ergebnissen auf Gruppe-Ebene folgten zwei noch enttäuschendere Ergebnisse auf Listenebene, nachdem man die Erwartungen schon etwas nach unten geschraubt hatte. Vierjährig fing Maxios dann wieder ganz unten in einem kleinen Altersgewichtsrennen an und er gewann es überlegen. Von nun ging es langsam bergauf. Es folgte ein 2. Platz auf Gruppe II Ebene über 2400m, sein bestes Steherergebnis überhaupt. Danach wieder eine kleine Enttäuschung mit einem 5.Platz auf Gruppe III Ebene über 2000m. Dann endlich der 2. Gruppe III Sieg über 2000m. Zum Abschluß der Saison 2012 dann aber wieder eine schwere Niederlage im Prix Dollar über 2000m. Fünfjährig ging es dann 2013 erst so richtig nach oben. Er begann die Saison mit einem Gruppe II Sieg über 2000m, dem dann ein sehr guter 2. Platz zu Pastorius über 2100m beim Prix Ganay (Gruppe I) folgte und schließlich der erste Gruppe I Sieg beim Prix d'Isphahan über 1850m. Das war bislang die kürzeste Distanz auf der er im Alter von 3 Jahren und älter engesetzt wurde. Danach gab es mit dem 6. Platz bei den allerdings sehr hochklassigen Price of Wales Stakes wieder eine kleine Enttäuschung. Schleißlich sein beste Leistung am Tag der Arc-Trials über 1600m beim Prix du Moulin (Gruppe I), wo er Olympic Glory dessen Ruhm mit 5 Längen Vorsprung bestritt. Danach probierte man es noch mal in Ascot über die Meile, wo er aber unter ferner liefen einlief. Insgesamt strahlt seine Rennbilanz, selbst wenn man die miesen Resultate als Dreijähriger vergisst, wenig Dominanz aus. Außer zweijährig, gewann Maxios niemals zwei Rennen hintereinander. Dieser eklatante Mangel an Dominanz unterscheidet ihn fundamental von Monsuns besten Söhnen Manduro und Novellist und ist keine gute Voraussetzung für einen Deckhengst. Schon besser ist seine für heutige Rennpferde hohe Distanzvariabilität zu bewerten. Er zeigte gute bis sehr gute Ergebnisse von 1600 bis 2400m, aber auch hier ist Manduro wesentlich höher zu bewerten, der über alle diese Distanzen große Siege feierte. Das hat seitdem so kein anderes Pferd mehr gezeigt. Maxios hat zwar auch gute Resultate auf festen Boden vorzuweisen, seine besten Resultate hat er jedoch samt und sonders auf weichen bis tiefen Böden erzielt. Im Gegensatz zu Manduro und Novellist ist Maxios also kein bodenunabhängiges Pferd. Auch dies ist ein Merkmal mangelnder Klasse. Maxios wurde beim Kauf wohl hauptsächlich nach seiner vorletzten Form beim Prix du Moulin mit dem überlegenen Sieg über das Klassepferd Olympic Glory bewertet, ansonsten hätte man kein solch großes Käufersyndikat gebraucht. Gerade solche Siege auf weichen bis tiefen Boden sind aber mit besonderer Vorsicht zu genießen, weil sehr viel von der gewählten Spur abhängt und da darf man sich auch nicht von großen Abständen blenden lassen. Genau dies hat aber das deutsche Käufersyndikat getan und wohl einen mehrfach überhöhten Kaufpreis gezahlt. Für dieses Geld hätte man wohl Manduro, den harten Hund mit Exoten-Pedigree, Dunaden, kaufen und den in Deutschland sehr gut eingeschlagenen Doyen zurückholen können. Die Vorteile von Maxios gegenüber Manduro sind, daß er noch eine ungeprüfte Hoffnung ist, während Manduros erste Jahrgänge nicht überzeugt haben, und natürlich seine Mutterlinie, über die oben zitierte Medien in geradezu maßlose Schwärmerei verfallen. Ja, Maxios stammt in der Mutterlinie von Natalma, der Mutter von Northern Dancer und zweifachen Urgroßmutter von Danehill (solch eine Inzucht auf eine Stute ist sehr selten) ab und bis zur Urururgroßmutter waren mit Ausnahme der Ururgroßmutter alle Mütter von Maxios Gruppe I Vererberinnen. Obwohl keine Gruppe I Vererberin war auch die Urgroßmutter eine große Vererberin. Im Grunde sollte man nicht zu Natalma sondern zu deren Mutter Almahmoud zurückgehen. Die hatte nämlich neben Natalma noch eine weitere brillante Vererberin als Tochter, die Cosmah, unter anderem Mutter von Halo, der nur ein eher mäßiges Rennpferd war, aber als Vererber gemessen an seinen Möglichkeiten großes leistete, unter anderem Vater des in jeder Hinsicht überragenden Sunday Silence. Dieser Halo ist auch Vater der Coupe de Folie, der wohl stärksten Stute innerhalb von Maxios Mutterlinie. Die Coupe de Folie ist also eine 3x4 Inzucht auf die Urmutter Almahmoud. Über diese Mutterlinie kann also auch ich schwärmen, wenn auch viel Inzucht, die durch die hohe Qualität aber geheilt wird, drinnen steckt. So eine Mutterlinie ist schon ein Pfund, mit dem man allerdings nicht so penetrant wuchern sollte, wie das jetzt getan wird. Sie garantiert mitnichten, daß auch Maxios ein Championvererber wird. Als Beweis dafür, daß das trotzdem so sein könnte, wird von oben zitierten Publikationen Maxios Halbbruder Bago angeführt, immerhin der Arc-Sieger von 2004. Angeblich soll sich Bago in Japan durchgesetzt haben, aber die JBIS-Statistik spricht eine ganz andere Sprache. Einzig 2010 hatten seine Nachkommen gute Erfolge in Japan zu feiern. Er bekam daraufhin 2011 153 Stuten, 2009 war die Bedeckungszahl schon einmal auf 21 herunter - so viele Stuten würde er in Deutschland auch bekommen. Für Bago hängt jetzt alles von dem 2012 geborenen, starken Jahrgang ab. Wenn dieser in 2014 und 2015, floppt ist er in Japan erledigt. Da machen die Japaner kurzen Prozess, auch mit Arc-Siegern. Doyens Mutterlinie ist auch sehr stark und er hat gegenüber Maxios den Vorteil, daß er neben einen Gruppe II Vollbruder eine Vollschwester hat, die unter anderem die englischen Oals gewonnen hat. Hinzu kommt noch ein erfolgreicher Halbbruder von Singspiel, einem Enkel von Doyens Vater Sadler's Wells. Starke Vollgeschwister sind ein guter Indikator für Vererbungskraft. Doyen hat diese starken Vollgeschwister, Maxios nicht.
Ich halte Maxios für den dümmsten (weil völlig überteuerten) Hengstkauf seit Jahren und die Decktaxe von 10000€ für unangemessen. Er kann sich natürlich trotzdem als guter Vererber erweisen. Er wird dafür viel bessere Möglichkeiten bekommen als seine vier neuen Konkurrenten. Das ist aber keine Erfolgsgarantie und dem Großen Rausch folgt oft der Große Kater. Wie man Deckhengste kauft, zeigt das Gestüt Etzean mit dem Montjeu-Sohn Jukebox Jury. Seine Karriere wurde immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen. 2011 hatte er noch einmal kurz ein repektables Comeback mit einem Sieg im irischen St. Leger, aber gerade solche Langgestreckenerfolge zählen auf der Insel eher negativ für die Zucht. 2012 war er dann wieder verletzt und schaffte es nicht auf die Bahn zurück. Auch das ist eine sehr negative Reklame für die Zucht. Dieses Pferd mußte weit unter seinem Potential verkauft werden und bei diesem Schnäppchen hat Etzean als Deutschlands intelligenteste Zuchstätte dann zugegriffen. Auch Jukebox Jury hat eine gute Mutterliniie, zumindest hat er vier Gruppe-Pferde als Geschwister. Weiter hat Jukebox Jury deutlich mehr Frühreife als Maxios gezeigt und last but not least kann die deutsche Vollblutzucht nach Jahrzehnten der Big Shuffle Hegemonie wieder einen Schuss Stamina vertragen.

Vorhersage: Jukebox Jury wird erfolgreicher als Maxios sein.


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zuletzt bearbeitet 26.12.2013 23:39 | nach oben springen

#3

Maxios-Update

in Galoppsport und Vollblutzucht 31.01.2014 12:39
von kassandro • 2.668 Beiträge

Turf-Times berichtet, daß der Niarchos-Clan, Züchter und jetzt Miteigentümer von Maxios, eine stolze Liste von Stuten zu dem Hengst schickt. Erstaunlich ist die Paarung mit Astroglia, die mit Maxios die Großmutter Coup de Genie gemein hat. Das ist eine 3x3 Inzucht auf eine Stute, wobei eine der Inzuchtlinien nicht von einem sehr guten Pferd unterbrochen wird. So etwas ist eine besonders riskante Inzucht. Bei der wenig geistreichen Paarung von Danedream und Frankel, ebenfalls eine 3x3 Inzucht, unterbrechen mit Frankel und Danedream hingegen zwei Champions die beiden Inzuchtlinien zu Danehill, was das Inzuchtrisiko deutlich reduziert.

Auf Stallion-Online wird Maxios gerade (31.01.2014) in der Kolumne Stallion im Visier besprochen.


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zuletzt bearbeitet 01.02.2014 14:39 | nach oben springen

#4

Fährhof-Video

in Galoppsport und Vollblutzucht 01.02.2014 06:33
von kassandro • 2.668 Beiträge

Hier ein Video des Gestüts Fährhof, wo neben den neuen Hengsten Maxios und Pastorius auch die alten Hengste Campanologist und Sabiango vorgestellt werden:


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zuletzt bearbeitet 01.02.2014 14:37 | nach oben springen


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